Gedicht und Limerick – Schaffensphase Januar – Februar 2001
Mietwahnsinn in Zeiten der Inflation
Mietzins
Steigend
Ein Wahnsinn folgt
dem nächsten.
Kapitalanlage:
Für Wenige
Wohnanlage:
Für Viele
Ein Viertel vermietet,
verkauft für immer.
Die Rettung einer Währung,
sie kostet und kostet.
Eine Inflation angefacht,
wie ein loderndes Feuer,
das alles Geld verbrennt.
Entwertung der Ersparnisse
Vernichtung von Konten
Wirtschaftskreisläufe brechen ein
Unbezahlbare, astronomische Mieten
Residieren wird zum Luxus
Wohnen ein Grundrecht?
Ein Wohnmarkt zerfällt
Lange Zeiten der Preisexplosion
Sie haben alles zerstört!
Mieter am Abgrund
Hilfe, keine in Sicht!
Das Roundhouse Aquarium
Am Ende des Stegs
Ein Achteck
Ein weiß-rotes Oktagon
Überraschende Erscheinung
Interessante geometrische Form für
ein Aquarium.
Ein Meeresblick
in ferne Tiefen.
Fremde Meeresbewohner
zeigen sich hier
ganz ungeniert.
Mitten im Meer ein Aquarium.
Paradoxale Betrachtung des Meeres
Eine Wasserwelt in der Meereswelt
Nasse Paralleluniversen
Die Natur findet einen Weg
auch unwirtliche Gegenden
zu bevölkern.
Ausnahmeerscheinungen
Spezialisiert für die Tiefen
Kiemen und Flossen neu erfunden,
Naturlichter die funkeln
und den Weg in die Tiefe weisen…
Das Licht in der Fabrikhalle
Was leuchtet dort in der Nacht?
Vielleicht jemand, der wacht?
Oder jemand, der einen Einbruch begeht
und besser im Dunkeln steht?
Der Polizeianruf vollbracht!
Trübe Aussichten in der Stadt
Versunken
unter Wolken,
hinter Tropfen.
Grau
verhangen,
eigentümliches Licht.
Monumente,
die sich spiegeln
in den gigantischen Pfützen.
Regen reinigt,
wäscht,
wischt,
spült,
den Unrat fort.
Es pulsiert weiter
das Leben,
für Trübsal
keine Zeit.
Der Regen,
hier nur ein Schauer.
Verheißungen locken,
Geschäfte brummen.
Der Wolkenguss
ohne Verdruss.
Alle wissen
wohin, wie den Schauern entkommen.
Der Regen gleich Silber
glänzend in der durchbrechenden Sonne.
Im winzigen Tropfen
der Regenbogen.
Vielfarbig schillernd
im Großen über der Stadt.
Die weißschimmernde Kirche
Weißschimmernd,
der ewigen Hast entrückt,
seine Form nicht jeden entzückt.
Sacré-Cœur thront ganz oben,
wacht über Millionen.
Ein Ziel –
ein Ausgangspunkt.
Schnörkelspiel,
im Innern seltsam dunkel.
Mächtige Glocke ruft,
schickt ihre Botschaft über die Stadt.
Viele kommen,
den Ton vernommen.
Andere genießen die Aussicht
über sich,
über die Stadt.
Die legendären
Hügelstufen,
erklommen
von Millionen,
flankiert
von Straßenverkäufern,
manchmal Dieben.
Sacré-Cœur zieht an,
entlässt jeden
mit einem Geschenk.
Nicht immer sichtbar, aber da.
Bemerkt manchmal erst
sehr viel später.
Laserstrahlen in der Dunkelheit
Rote Strahlen leuchten auf
und die zuhauf.
Es sind Bewegungssensoren
zur Sicherheit von Tresoren.
Angesagt ist der Rückwärtslauf.
Ein Stadtschloss in Tristesse
Am Rande des Parc Monceau
erbaut,
neben seinem Bruderpalais.
Auch im wahren Leben Brüder.
Privathaus der Bankiers,
Familie erloschen,
Palais erhalten, Einrichtung intakt.
Privates wird zum Museum
durch Testament.
Ein Lebensort
eingefroren,
Zum Ausstellungsort
erkoren.
Ein Hauch von Trauer
weht durch die Räume.
Es war anders geplant,
anders gedacht.
Der Sohn starb vor dem Vater.
Bedrückende Stille,
Wehmut,
alle Pracht bleibt einsam.
Vom wahren Leben abgeschirmt,
hohe Mauern, schmiedeeiserne Zäune,
hohe Bäume.
Das Palais, es entführt,
mahnt,
wacht.
Bei Tag und bei Nacht.
Von Ablehnung zu Feindseligkeit
Ein schmaler Grat,
ein Tanz am Vulkan,
eine falsche Geste,
ein unpassendes Wort.
Und schon scheint alles
zu explodieren!
Wenn die Zurückhaltung
zur Ablehnung wird.
Und wenn die Ablehnung
zur boshaften Feindschaft wird…
Dieser Prozess,
dieser psychologische Mechanismus,
schnell in Gang gesetzt,
noch schneller beendet
und für immer verpestet!
Es dämmert im Viertel
Die Sonne geht unter,
ein Viertel verdunkelt.
Eines, was ohnehin
in der Nacht zu versinken droht.
Gestalten erheben sich,
die Dämmerung ruft sie,
hinaus auf die Straße
auf Plätze und Parks.
Die Stimmung ändert sich.
Familien verbarrikadieren sich.
Misstrauen scheint zu gewinnen.
Verschlossene Türen,
stumme Zeugen,
alles und jeder mottet sich ein.
Man wartet sehnlichst
auf den neuen Tag.
Möge er doch,
das Licht wiederbringen.
Die Passage der speziellen Geschäfte
Herrlich verwinkelt
mit kuriosen Geschäften.
Spazierstöcke find ich,
brauch ich sie?
Sie erzählen Geschichten,
genau wie Hotel Chopin.
Man läuft mitten drauf zu,
man stelle sich vor:
der Eingang in einer Passage,
unwirklich auf den ersten Blick
possierlich auf den zweiten,
nächtigen in der Passage.
Wo gibt es das schon?
Eine ehemalige Brasserie,
Perle des neunzehnten Jahrhunderts
mit dem Namen Spiegelkabinett,
heute ein Club
zur privaten Vermietung.
Geschäfte für
Amateure des Papiers.
Angler,
Buchliebhaber.
Um die Ecke gebogen,
die Passage scheint ewig,
es geht weiter, weiter.
In allen Schaufenstern
kann man sich verlieben,
nach mehr solchen Kleinoden gieren.
Das Ölfeld inmitten einer Metropole
Abgetragene Erde
Kahlschlag
Inmitten der Stadt
Mondlandschaft
Bizarrer Anblick
Ungewisser Ausblick
Einer zieht die Fäden
und führt das Geschäft.
Vergangenheit wird lebendig
Pulsierendes Ölfeld
Wann versiegt es?
Leere Flächen und Metropolen
Das schließt sich gegenseitig aus
Eigentlich
Doch Abbau und Aufbau,
sie gehen Hand in Hand.
Was weggenommen wird,
das entsteht wieder neu.
Die Zeit wird kommen,
da wird die Mondlandschaft verschwinden,
da wird ein saftiges Grün
seine Wiederkehr feiern,
sofern die Metropole
nicht doch wieder
alles schlucken wird.
Unheimliche Röntgenaufnahmen
Was die Aufnahme darstellt,
ist ein Arm, geprellt.
Doch dem Bein geht’s viel schlimmer,
der läuft nie und nimmer
querfeldein durchs Feld.
Die Arena der Lutetier
Relikt aus römischer Zeit,
versteckt hinter Häusern,
eingetaucht ins Grüne,
Erstaunen beim ersten Besuch.
Keine staunenden Touristen,
keine Gruppen mit Führer,
stattdessen
Nachbarn
aus den umliegenden Häusern,
vertieft ins Boulespiel.
Alles sehr lässig.
Verlängertes Wohnzimmer,
auch in Pantoffeln auf dem Sand.
Himmlische Gemütlichkeit.
Alle eifrig am Spielen,
einige stehen herum,
beobachten, kommentieren,
goutieren das Plaisir
der Einfachheit.
Seliger Kontrast
zwischen Geschichte und Gegenwart,
zwischen Gladiatorenkämpfen,
Blut, Tod und
dem genüsslichen Klackern
der Stahlkugeln.
Den Tod im Nacken, die Hoffnung im Blick
Hilflos, hungrig umhergeirrt,
der Blick verwirrt.
Die Hände angebunden,
der Körper übersät mit Wunden.
So läuft er ziellos weiter,
die Visage wenig heiter.
Der reine Überlebenswille
lässt ihn weitermachen.
Durst und Hunger
Tod und Verzweiflung
Im Nacken das Schreckliche
Am Horizont ein kleiner Blick auf das Blaue,
Wolken geben ein Himmelsstück preis.
Mit diesem Ausblick geht es weiter,
für den getriebenen Streiter.
Langweilige Ingenieurausbildung
Eintönigkeit
Aus dem Professorenmunde
Dieselben Töne
Die gleichen Laute
Ingenieurwissenschaften,
in der Dauerschleife.
Ausbildungslangeweile
Kaum einer
hört mehr zu.
Aufmerksamkeit,
sie sinkt und sinkt,
dann ist sie nicht mehr da.
Wenn Langmut regiert,
und wer Abwechslung negiert,
der dann auch Studenten verliert.
Das gestohlene Millionen-Gemälde
Das Bild wurde entwendet,
der Diebstahl längst vollendet,
da bemerkte man den Verlust
und hat von nichts gewusst:
Das Museum wie geschändet!
Der Fotograf ohne Modelle
Einsamer Wanderer
durch die französische Hauptstadt.
Zu früher Stunde
auf der Pirsch,
auf der Suche.
Motive
der Monumente,
der Straßen,
niemals Leute,
immer Sachen.
Warum?
Über Atget wenig bekannt.
Ein Hobbyfotograf.
Sein Werk, eine Hommage
an Paris.
ans Kleine, ans Große,
ans Hässliche, ans Schöne,
ans Einfache, ans Pompöse,
ans Grobe, ans Elegante.
Fotoschatz!
Erbe, das er hinterließ,
dutzendfach abgedruckt
auf Büchern,
auf Postern,
jetzt auch im Netz
jederzeit zugänglich.
Was sagt es uns?
Wollte er etwas sagen?
Zeigen?
Die weiße Straße
Gips aus den Stollen
unter Montmartre.
Hinabgetragen
von den Transportkutschen.
Ewig weiße Abdrücke
auf der Straße.
Wer entlangging,
entlangfuhr
trug seine Spur
weiter,
weiße Spuren
im neunten Viertel,
in den Häusern,
in den Geschäften,
in den Schulen.
Weiße Straße –
ein Name mit Bedeutung.
Im siebzehnten Jahrhundert
geboren,
auf Straßenplänen getauft.
Eine Verteidigungslinie aus Wasser
Eine Burg weiß sich zu verschanzen,
in der Waffenkammer haben sie Lanzen,
drum herum ein Wassergraben,
dort holen sich Besatzer viele Narben.
Außerdem kann man Rosen pflanzen.
Obama bekommt seine Charter School
Seine Wahl,
sie sollte ein Neuanfang sein.
Und zwar ein richtiger.
Nicht nur im Land,
auch in der Schule.
Namensumbenennung
Garant für Hoffnung
Ja, wir können,
Yes, we can.
Ein frischer Wind
Ein Enthusiasmus,
einer der ansteckt,
einer der mitreißt,
andere motiviert
und zum Selbstläufer wird.
Doch Namen,
sie können verblassen.
Mit der Zeit
kann ein Elan verfliegen.
Verpasster Neuanfang?
Misslungener Neustart?
Nur noch ein Name an einer Schulwand?
Der florierende Wochenmarkt
Gemüsestände sprießen aus dem Boden,
so wie das Gemüse sich hat erhoben.
Unzählige Stände
über das ganze Gelände
Hier floriert das Angebot,
hier frohlocken die Verkäufer.
Ein Zweig, der wächst,
und nicht schrumpft.
Erfreute Besucher,
die schauen, vergleichen,
riechen und wiegen.
Lautes Schreien,
das gehört dazu.
Aggressives Anpreisen,
auch das.
Davon lebt der Markt!
Ein kleiner Gallier mit eigenem Park
Comicfiguren erwachen zum Leben.
Ein Kindertraum wird wahr.
Ein ganzes gallisches Dorf,
begehbar,
in echter Größe
als gigantischer Spielpark.
Mittendrin die Helden
der bunten Seiten,
laufen verschmitzt umher,
schütteln den Kopf,
lachen,
schütteln Hände.
Kinder, die es nicht fassen –
zu viel, zu schön
um wahr zu sein.
Ein Felsen ragt empor,
als Erstes zu sehen,
weithin zu erspähen.
Orientierungspunkt.
Auf ihm spähend
der rotbehoste Held,
klein, pfiffig, gewitzt.
Sein Kumpel,
der blau-weiß behoste
hopst irgendwo durch
das Getümmel.
Bekanntestes Comicduo
in den Köpfen
und Herzen
der Leser
und begeisterten Parkbesucher.
Unter dem Banner der Staatenlosigkeit
Wer ist schon gern staatenlos?
Das ist doch irgendwie dubios!
Irgendwo möchte man zugehörig sein,
sonst fühlt man sich ja doch allein.
Ein Pass ist grandios.
Der Leuchtturm wacht über Point Vicente
Ein Dreieck,
es ragt ins Meer hinaus,
der Leuchtturm thront darüber.
Point Vicentes Vorstoß,
den hat der Pazifik
nicht unbeantwortet gelassen.
Das Meer tobt gegen die Klippen,
der Leuchtturm scheint zu wanken.
Doch sein Licht bleibt stabil,
er wacht über das Dreieck.
Ein Wächter in unruhigen Zeiten,
auf den man immer setzen kann.
Das Meer im Blick,
das Land im Nacken,
so steht er über Point Vicente.
Das Rathaus in der Hand der Eisfans
Eine Machtübernahme
der heiteren Art,
der eisigen Art.
Von Dezember bis Februar
schlittern vor dem Rathaus
die Eisamateure.
Mal mehr Eleganz,
mal weniger Eleganz
im glücklichen Pirouettentanz.
Vor dem Rathaus
ein gigantisches Rechteck,
eine riesige Eisarena.
Bei Abendanbruch
gleiten die Schlittschuhläufer
in der blauen Atmosphäre
am Rathaus vorüber,
geblendet vom Fensterlicht,
vom Laternenlicht.
Eine kurze Eiszeit,
eine kurze Glückszeit,
so viele strahlende Gesichter
vor dem Rathaus.
Traveler, das weiße Maskottchen
Ein weißer Andalusier,
dynamischer Schritt,
wache, glänzende Augen.
Maskottchen auf vier Hufen
Geritten vom trojanischen Krieger
Symbolfigur des Zusammenhalts
Mittlerweile schon das siebte Pferd
Es stiehlt allen die Show.
Studenten-Magnet
Tierliebhaber
Freunde und Förderer der USC
Sie alle,
lieben dieses Pferd,
das alle gemeinsam eint.
Morgendliche Zooimpressionen
Der Löwe fängt an zu brüllen,
die Erdmännchen mit Papier knüllen.
Das Flusspferd begehrt auf,
die Leoparden machen einen Lauf,
die Bären sich in ihre Decken hüllen.
Ein Nachmittag voller Passagen
Ein Schaukeln
von Passage zu Passage.
Den Einkaufswegen
des neunzehnten Jahrhunderts
folgen,
trockenen Hauptes
durch Paris spazieren.
Abseitige Boutiquen
entdecken.
Gleichzeitig
in der Zeit
zurückreisen,
ein Museumsbesuch
ohne Museum.
Flanieren durch
helle Hallen,
mosaikverschönte Gänge.
Der Zauber
des vorletzten Jahrhunderts
schlägt in seinen Bann,
über den Nachmittag hinaus
oft tagelang.
Der Finanzplatz hat ein Gesicht
Blau-graue Wolkenkratzer
Manhattan in klein
Eher schmal
Heliport auf jedem Dach
Zehntausende Glasfenster,
die eine Quaderseite bilden.
Aufgerichtete Glasungeheuer
mit unzähligen Augen,
die alles sehen.
Senkrechte Glaspfähle,
die über allem stehen
und allen trotzen.
Auch Erdbeben würden
nur für leichtes Wanken sorgen.
Ein unmerkliches Nicken,
schon ist es vorbei.
Der unbeirrbare Volksanwalt
Seine Feder
treibt mal auf dem Romantikfluss,
mal auf dem Realismusfluss.
Victor Hugos Œuvre abgebaut
aus allen Gesteinsschichten
der Literatur:
Romanbrocken wie Les misérables,
Gedichtsdiamanten wie Demain, dès l’aube,
Theaterflöze wie Hernani.
Anwalt des Volkes,
entschiedener Napoleongegner.
Exilierter Inselbewohner
auf Jersey und Guernsey.
Im Tode im Schoße
des Volkes, im gleichen Sarg
der Ewigkeit übergeben.
Nichts geht über einen Lieblingssohn
Man findet es geschwind
sein liebstes Lieblingskind,
überhäuft es mit Geschenken,
doch sollte man umdenken:
Man sich besser auf Gleichheit besinnt!
Der aussichtslose Brandeinsatz
Bei diesem gefährlichen Riesenbrand
hat die Feuerwahr wahrhaft keinen leichten Stand.
In großer Höhe lodern die Flammen,
unten öffnen sie die Türe mit Rammen,
um schnell hinein zu gelangen,
denn so hoch reichen nicht ihre Feuerwehrstangen.
Die Treppe hinauf
im schnellen Lauf,
dann in das Zimmer hinein,
doch leer wird es sein…
Die zwei Antlitze der Avenue
Eine Avenue
mit zwei Antlitzen.
Tagsüber das grüne Gesicht
beschaulicher Parklandschaft.
Heute Avenue Foch,
ehemals Avenue des Bois.
Im Licht glänzen
die Wunder der Architektur,
die ganzen tausenddreihundert Meter.
Vier Fahrbahnen
leistet sich
die lange Schöne
mit den zahlreichen
geschlossenen Augen.
Wohnungen als Investitionen.
Die Jetsetfirnis weicht
abends Halbweltantlitz:
Clubschlund schluckt am
Avenuebeginn bedröhnte Besucher.
Bordsteinschwalben
bewachen den Fahrbahnrand.
Welt der Gegensätze!
Die Weihnachtsparade auf amerikanische Art
Weihnachtswagen dekoriert?
Weihnachtsmann auf Glanz poliert?
Weihnachten in den USA
wird eben anders gefeiert!
Ganz anders,
feiert man es,
als in Europa.
Cheerleader und Tänze
US-Autos tiefer gelegt
Der Bürgermeister grüßt
und winkt.
Es wird gehupt.
Ausgelassen und laut
Bunt und pulsierend
Der Weihnachtsbezug?
Sporadischer Natur.
Immerhin gibt es eine Tanne,
wenn auch künstlich.
Ein anspruchsvoller Rikschakunde
Einmal durch Wien
lässt er sich ziehen.
Es geht ihm nie schnell genug,
er fordert einen Geschwindigkeitsschub,
sonst wird er aus der Rikscha fliehen!
Unverhoffte Café-Bekanntschaft
Nettes Geplauder
unter der türkisen Markise.
Ein Café ohne Namen.
Graue Tische,
gewürfelte Stühle.
Uns störte es nicht.
Wir schlürften unseren Espresso.
Nachbartische.
Nicken.
Vertrautheit.
Vom ersten Moment an.
Genuss der Wellenlänge.
Ruhiger Blick über den Platz,
auf den goldenen Brunnen.
Wir fanden uns.
Zwei Seelenverwandte.
In einem Café
ohne Namen
auf der Place de la Réunion.
Platz der Zusammenkunft.
Schicksal!
Das exzentrische Hügelhotel
Am Morgen
ein rosa Streifen
über Paris.
Blick auf die Romantik-Stadt
aus der Höhe,
Montmartrer Höhe.
Es lohnt hinaufzusteigen.
Dort zu bleiben,
zu nächtigen.
In einem Zimmer,
das nur ein Blick ist.
Ein Blick über Paris.
In einem Hotel,
Place des Abesses.
Exzentrisch ausgeflippt,
plüschig abgedreht.
Passende Gäste,
entspannte Feste
auf den kleinen Balkonen,
Rotwein, Baguette,
die Aussicht einfach nett.
Wenn die CIA seine Stimme hört
Sensorennetz der CIA
wie gigantische Riesenkrake
mit Tentakeln
rund um den Globus.
Spricht der Gesuchte
ein Wort in ein Handy,
auf einem Video
schüttelt der Riesenkrake
ein Tentakel und aktiviert
sämtliche Saugnäpfe.
Die Stimme erkannt,
die Gefahr gebannt,
Leute rücken aus,
bringen den Gesuchten nach Haus.
Verhören ist eine Kunst,
gleichzeitig Chaos wie Feuersbrunst.
Der entfesselte Mechanismus
Ein Zahnrad greift ins andere ein,
der Mechanismus ist so fein.
Es leise tickt,
der Zeiger nickt,
hier drin ist alles klein.
Der grüne Zeitungskiosk
Dunkelgrünes Informationspagödchen
mitten auf dem Platz Levis.
Schwätzchen mit Viertelmatadoren,
Schwätzchen mit Älteren,
Einsamen.
Mehr als Information.
Sozialer Brunnen.
Tauschquelle für Hilfe.
Die Verkäuferin, eine gute Seele.
Eine Institution des Viertels.
Schon ein halbes Jahrhundert.
Eine echte Batignollerin.
Geboren, gelebt, irgendwann gestorben
im selben Viertel.
Hoffentlich noch nicht so bald!
Wo Beton auf Glauben trifft
Europa hat seine Geschichte.
Die USA haben ihre Moderne.
Die Beton-Kathedrale neuerer Art
spricht Bände darüber.
Unsere Liebe Frau von den Engeln
Trost spenden
Seelen heilen
Sanfte Musik
Sandsteinfarbene Kanten
Grobe Struktur
Eine Bischofskirche neudefiniert
Stätte eines riesigen Mausoleums
Der Glockenturm,
er passt dazu.
Ein Ensemble der kantigen Art
Europäer brauchen Gewöhnungszeit.
Glaube und Beton?
Beide passen zusammen!
Rendez-vous an der Balustrade
Von Königinnen behütet warte ich
auf der Balustrade.
Pinke Geranien im Rücken,
den Sénat im Blick.
Die Gärtner gärtnern,
die Touristen staunen,
der weiße Staub ziert Sandalenfüße.
Eine blaue Kuppel wölbt sich über uns,
gelber Schein ergießt sich
über die Szenerie.
Unten auf den grünen Stühlen
Erholung vom Großstadttrott.
Dorthin will ich.
Zwei Ruheoasen erobern,
Händchenhalten,
mich wegträumen,
meinen Freund an meiner Seite.
Ärger für den verspäteten Ehemann
Wenn er so spät nach Hause kommt,
wird er nahezu zerbombt.
Es gibt einen lauten Wortschwall
und einen noch lauteren Türknall
und das alles ziemlich prompt!
Die ewige Reise der Touristenströme
Ein träge fließender Strom
wälzt sich durch sein breites Bett
den leichten Hügel hinab.
Das Wasser stieg, das Wasser schwoll.
Das Wasser steigt, das Wasser schwillt.
Millionen einzelner Tropfen gleiten dahin,
vergessen im großen Ozean,
der am Ende des Weges wartet.
Hat es einen Sinn,
die lange Reise,
die ewige Reise?
Keiner der Tropfen fragt es sich,
es treibt sie dahin,
es treibt sie hinab,
unaufhaltsam, ungestüm.
Wer wollte den Champs widerstehen?
Die Wochenendhaus-Siedlung
Die Krönung des Wochenendes
Das Ende des Alltags
Eine Wochenendhaus-Siedlung
auf mehreren Inseln
Naples-Atoll
Ein Ring aus Häusern
Ein Kreis aus Privilegien
Eine runde Sache
Konzentrische Kreise
Eine geometrische Inselformation,
die so künstlich ist,
dass Mutter Natur
sich längst verabschiedet hat.
In der Woche,
da kehrt hier wieder Ruhe ein,
solange bis zum nächsten Wochenende.
Matrose wider Willen
Freiwillig das Schiff betreten?
Wohl eher zum Apell „gebeten“.
Nun wird täglich das Segel gehisst,
das warme Bett schon längst vermisst
und des Zimmers bunte Tapeten.
Die Kuppel des Wissens
Ein Tempel des Wissens
gegenüber vom Louvre.
Man nähere sich ihm
über den Pont des Arts.
Majestätische Säulen,
eine erhabene Kuppel.
Tradition,
fest verankert
in der Geisteshaltung
der größten französischen Denker.
Freie Veranstaltungen, Vorträge
für jedermann,
Uniprofessor neben Bettler,
alle wärmen die Bänke,
erweitern ihren Horizont.
Es gibt etwas zu lernen,
im Herzen von Paris.
Glücksgefühle im Flieger
Welch berauschender Moment,
wenn man sich von der Erde trennt
und eigenständig fliegt,
die Schwerkraft besiegt,
manch einer darauf brennt!
Ende
© 2021 Nicolette Marquis https://www.carminis.de